Aus der Geschichte von Rhüden

 

Zahlreiche Bodenfunde aus der Mittleren Steinzeit ( 8000 – 5000 v. Chr.) bis hin zur Bronzezeit ( 1800 – 700 v. Chr. ) beweisen, dass schon zu diesen Zeiten Menschen in unserem Talkessel sich aufgehalten, bzw. gesiedelt haben.

 

In Ödishausen wurden zahlreiche Steinwerkzeuge gefunden,die auf ein steinzeitliches Jägerlager deuten und in der Feldmark Rhüdens wurden zwei Steinäxte aus der Kultur der Bandkeramiker ( nach der bandförmigen Verzierung ihrer Keramikgefäße ) entdeckt. ( Alles zu besichtigen im Rhüdener Heimatmuseum ).Diese Bandkeramiker waren es, die ab 5000 v.Chr. schon seßhaft wurden und Siedlungen anlegten.

 

Weiterhin beweisen ca. 30 Hügelgräber in den Wäldern um Rhüden aus der Bronzezeit, dass die damaligen Bewohner unseres Tales schon auf einer beachtlichen Kulturstufe standen.

 

Die ersten Siedler fanden in unserer sumpfigen Talaue das zum Leben notwendige Wasser und den fruchtbaren Boden. Hierauf deutet auch der Ortsname hin: Ried - In den Rieden = Sumpf, feuchtes Land.

Im Umland entstanden weitere kleine Orte, von denen nur noch Mechtshausen, Panshausen, Rolfshagen und Ödishausen bestehen, während Hebenhausen, Adenhausen, Hieshausen und Zainingen im ausgehenden Mittelalter wüst gefallen sind.

 

Die erste bekannte urkundliche Erwähnung unseres Ortes geschieht in einer leider undatierten Urkunde des Klosters Corvey aus der Zeit zwischen 826 – 853. Ein Graf Ricdag aus Lamspringe macht dem Kloster Corvey eine Schenkung aus seinem Eigentum in R i u d i u n.

( Anlaß zur 1150-Jahrfeier in 2003 )

Die Schreibweise dieses Ortsnamens wandelt sich im Laufe der Jahrhunderte um von Riudiun- Ruden – ab 1270: maior und minor ( groß und klein) Ruden zu Rüden – Rhüden.

 

Der Name unserer Martini-Kirche ( Martin von Tours ) deutet hin auf eine fränkische Gründung. Der Frankenkaiser Karl der Große hatte nach über 30 Kriegsjahren uns Sachsen das Christentum aufgezwungen. Die erste Kirche ist also mit hoher Wahrscheinlichkeit schon um 850 erbaut worden. Das Patronat lag bei der Äbtissin von Gandersheim.

 

In der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts kam es im Zuge der Teilung des Ambergaus zwischen den Braunschweiger Herzögen und dem Fürstbischof von Hildesheim auch zur Teilung unseres Ortes in Groß und Klein Rhüden. Als Grenze diente der damalige Verlauf von Nette und Ahlerbach. Die Trennung sollte fast 700 Jahre dauern und führte, weil sie auch zeitweise Landesgrenze war, im Laufe der Zeit zu vielen oft kuriosen Vorfällen und Verwicklungen.

 

Trotzdem gab es Gemeinsamkeiten: Seit altersher bis heute besteht ein gemeinsamer Pfarrbezirk beider Rhüden mit Wohlenhausen und auch in der 1596 gegründeten Schule wurden bis 1893 die Kinder beider Orte unterrichtet

 

Drei Adelsgeschlechter hatten zeitweise ihren Sitz in Rhüden. Die Herren von Rhüden und später das Geschlecht derer von Linde saßen auf dem sogen. Kemnadenhof ( befest. Steinhaus, heute ungefähr Hof Strube).

 

 

Straßennamen wie „Burggraben“ und „Lindenstraße,Vor- und Am Lindenberg“erinnern noch daran. Die Herren von Spaden übten das Drostenamt ( Statthalter, Verwalter ) für das Stift Gandersheim aus und saßen auf dem Spadenhof, ( heute Gelände Bus-Pülm ). „Spadentorstraße“ und „Auf dem ( Fürsten)Plan“ künden davon.

 

In dieser Zeit bestanden neben der Mutterkirche St. Martini noch drei Kapellen, die alle mit Land ausgestattet waren und wahrscheinlich von den Adelsherren gestiftet waren.

Die St. Georgskapelle stand auf dem Gelände der heutigen St. Georgsschule. Die Kapelle“Zum heiligen Blut“ befand sich unmittelbar neben St. Martini in südlicher Richtung, während der genaue Platz der „ St. Jakobskapelle“ nicht bekannt ist. Wir vermuten ihn auch in der Nähe der Kirche, aber vielleicht nördlich davon

 

In der Hildesheimer Stiftsfehde ( 1519 – 1523 ) zwischen dem Braunschweiger Herzog und dem Bischof von Hildesheim wurde das hildesheimische Groß Rhüden abgebrannt und das Vieh fortgetrieben. Der Bischof verlor jedoch den Krieg und sein Bistum musste große Gebietsabtretungen machen. Groß Rhüden kam für 120 Jahre zu Braunschweig. Obwohl nun beide Orte in einem Herrschaftsbereich waren, wurden sie eigenartigerweise nicht vereinigt.

 

Auch im 30 jährigen Krieg ( 1618 – 1648 ) hatten beide Rhüden unter der Willkür der marodierenden Soldateska schwer zu leiden. Die Kirchenbücher berichten von Plünderungen, Morden und Brandstiftung. Am Ende des Krieges waren viele Höfe und Häuser abgebrannt und viele Ländereien lagen brach. Jahrzehnte sollten vergehen, bis alle Kriegswunden wieder einigermaßen verheilt waren.

 

Auch Seuchengänge von Pest, Cholera, Pocken, Rote Ruhr usw. schlugen immer wieder große Lücken in die Bevölkerung.

 

Durch die dichte Bebauung, Strohdächer und offene Feuerstellen kam es immer wieder zu Bränden, der schlimmste betraf Rhüden am 5. März 1834, als in beiden Orten zusammen 241 Gebäude dem Feuer zum Opfer fielen. Es wurden 145 Familien mit fast 700 Personen obdachlos. Glücklicherweise waren ca. 70 Jahre vorher die Landesbrandversicherungen eingeführt, sodass schnell wieder aufgebaut werden konnte. Die enge Bebauung im Ortskern wurde aufgegeben, es entstand ein freier, unbebauter Streifen zwischen den Orten, der heute allerdings auch schon wieder weitgehend zugebaut ist. Das von der Feuersbrunst am meisten betroffene Klein Rhüden wurde beim Wiederaufbau vollkommen neu geplant, es entstanden nun gerade, sich rechtwinklich kreuzende Straßen.

 

Rhüden war fast immer landwirtschaftlich geprägt. Vor dem 1. Weltkrieg gab es noch 105 Bauernhöfe, die in Ackerhöfe, Halbspänner und Kothöfe unterteilt waren. Heute wirtschaften gerade noch 20 Betriebe.

 

Trotzdem hat es Zeiten gegeben, wo Bergbau und Industrie unseren Ort zu großer Blüte brachten. Im ausgehenden Mittelalter bestanden um Rhüden mindestens drei Verhüttungsanlagen.“ Schlackenstraße“ und „Schlaggenkamp“ als Straßen- und Flurnamen erinnern daran. Die Köhlerei zur Holzkohlegewinnung florierte. Zahlreiche Meilerstellen in der Feldmark und Flurnamen wie „Köhlerkamp“ und „Kohlhai“ halten die Erinnerung wach.

 

Aufgrund einer Solequelle wurde 1689 eine Saline errichtet, die bis 1865 bestand. In Spitzenzeiten wurden hier jährlich bis zu 6000 Ztr.( 300 to) Speisesalz erzeugt.Heute führt der „Salinenweg“ entlang der nicht mehr vorhandenen Anlage.

 

 

Begünstigt durch den 1887 erfolgten Bahnanschluß brachten die 1896 entstehenden Kalibergwerke den größten Aufschwung für Rhüden. Nach dem Hauptwerk Carlsfund entstand 1907 der auf Königsdahlumer Gebiet liegende Schacht Hermann II und 1913 an der heutigen Heberbaude der Schacht Carlsfund II.

Im Schlörbachtal, dort wo früher die Fa. Gruber bestand, befanden sich die umfangreichen Fabrikanlagen mit eigenem Bahnanschluß. Der Rangierbahnhof lag unterhalb des Rotenberges an der heutigen Kreisstraße nach Königsdahlum. 700 Menschen fanden in der hiesigen Kaliindustrie Arbeit und Brot.

 

 

Ein völlig neuer Ortsteil mit 32 Doppelhäusern, die „Kolonie“, wurde für die Arbeiter errichtet. Auch im Ort selbst entstanden bis 1914 zahlreiche neue Häuser. Die Einwohnerzahl in beiden Rhüden stieg auf fast 3300. Gewerbe und Handel erlebten ihre Blütezeit.

 

Nach dem 1. Weltkrieg kam der große Rückschlag. Alle oben genannten Werke wurden nach gnadenlosem Konkurrenzkampf unwirtschaftlich und wurden 1924 stillgelegt.

 

 

Auch Klein Rhüden hatte zu jener Zeit einen florierenden Industriebetrieb. Von 1880 bis 1930 bestanden nördlich der Straße „Im Koppelkamp“ die „Rhüdener Tonwerke“, im Volksmund Chamottefabrik genannt. Auch hier waren bis zu 170 Personen beschäftigt.

 

 

Nicht vergessen sollte man auch die Zigarrenindustrie, die in einigen mittelgroßen Unternehmen und vielen Familienbetrieben gute Erwerbsmöglichkeiten bot.

 

 

Nach dem 2. Weltkrieg stieg die Einwohnerzahl in beiden Rhüden durch den Zustrom der Heimatvertriebenen bis auf 5200. In den Folgejahren entstanden neue Siedlungen und Wohnstraßen. Heute hat sich die Zahl auf ca. 2800 eingependelt.

 

Am 1. Juli 1976 wurden beide Rhüden im Zuge der 1974 begonnenen Gebietsreform wiedervereinigt. Eine 700 Jahre andauernde Trennung hat wohl für immer ein Ende gefunden.

Heute präsentiert sich Rhüden als größter Stadtteil Seesens mit allen Einrichtungen,die zu einer gehobenen Lebensqualität gehören, wie Grundschule, Freibad, Sportzentrum, Kindergarten, Banken, Ärzte, Apotheke, Kirchen, Gaststätten, Heimatmuseum usw.

 

 

Auch Gewerbegebiete, Autobahnanschluß und gute Busverbindungen gehören dazu.Das blühende Vereinsleben darf ebenfalls nicht unerwähnt bleiben.

 

 

Rhüden ist ein Ort, in dem es sich lohnt, zu leben !